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Interessanter historischer Artikel

Die Arbeit des Kartographen um 1931

Aus: Das Reichsamt für Landesaufnahme und seine Kartenwerke, 1931

Die kartographische Wissenschaft unterscheidet je nach Maßstab und Inhalt zwischen Plänen und Karten verschiedener Art (topographische und geographische Karten). In Bezug auf die Maßstäbe stehen diese Grenzen nicht genau fest, sondern sind gewissen, wenn auch engen Schwankungen unterworfen.

Pläne sind im allgemeinen kartographische Aufzeichnungen großen Maßstabes, etwa bis 1 : 5000, die sich von den Karten durch die Art der Darstellung und durch den einem besonderen Zweck angepassten Inhalt unterscheiden. Ein Katasterplan, der den Zweck hat, die Größe von Besitzflächen anzugeben, zeigt z. B. nur Grenzlinien, aber keine sonstigen Einzeichnungen; er kennt weder den Unterschied zwischen Acker, Wald, Wiese usw., noch den Unterschied zwischen den einzelnen Wegeklassen. Auf die Darstellung der Höhenverhältnisse verzichtet er ganz. Die Ortschaften sind in ihm nur durch die engere Stellung der Grenzlinien, die Wege durch zwei parallele Linien entsprechend der wirklichen Breite, die Eisenbahnen durch zwei Linien mit wechselndem Abstand je nach den Grenzen des Besitzstandes zu erkennen, wobei Dämme und Einschnitte, da sie zum Besitz der Eisenbahn gehören, gleichmäßig durch Ausbuchtungen dieser Linien dargestellt sind.
Etwa bei dem Maßstabe 1 :5000 überschneiden sich die Pläne mit den topographischen Karten.

Topographische Karten sind solche Karten, die das topographische Gesamtbild einer Landschaft wiedergeben, also außer den Ortschaften, dem Wege- und Gewässernetz auch die Bodenbewachsung, Feld, Wald, Wiese usw., sowie die Höhenverhältnisse. Je nach der Größe des Maßstabes und dem dadurch für die Darstellung gegebenen Raum wechselt die Auswahl dessen, was an Einzelheiten wiedergegeben werden kann. Während die Grundkarte 1 :5000 noch jede Einzelheit in ihrer richtigen, durch das Verjüngungsverhältnis bedingten Größe darstellen kann und die Messtischblätter 1 : 25 000 bei aller Darstellung der Einzelheiten schon die Eisenbahnen und Straßen der Deutlichkeit wegen in übertriebener Breite darstellen müssen, fallen in den kleineren Maßstäben immer mehr Einzelheiten fort.
Die obere Grenze der topographischen Karten ist etwa der Maßstab 1 : 300 000. Bei noch kleineren Maßstäben sind topographische Einzelheiten nicht mehr darstellbar.

Geographische Karten sind solche Karten kleinerer Maßstäbe, bei denen die topographischen Einzelheiten nicht mehr dargestellt werden können. Zwar können auch geographische Karten noch manches aus der Topographie darstellen, z. R. Eisenbahnen und wichtige Straßen, große Waldungen usw., jedoch spielt bei ihnen nicht mehr die topographische Einzeldarstellung, sondern die Wiedergabe der großen geographischen Zusammenhänge die Hauptrolle.

In Bezug auf den Maßstab liegt die Grenze zwischen den topographischen und den geographischen Karten im allgemeinen bei 1 : 200 000 und 1 : 300 000. Jedoch werden auch Karten größeren Maßstabes zu den geographischen Karten gezählt, wenn ihr Inhalt dieses bedingt. Eine Schulwandkarte des Harzes im Maßstabe 1 : 100 000, die keine topographischen Einzelheiten, sondern die allgemeinen geographischen Formen darstellen will, wird z. B. trotz ihres Maßstabes zu den geographischen Karten zählen.

Die amtliche Kartographie befasst sich im wesentlichen mit der Herstellung topographischer Karten, weniger mit der geographischer Karten. Während der Topograph die Grundkartenwerke 1 : 5000 und 1 : 25 000 noch unmittelbar nach der Natur herstellte, baut der Kartograph - nicht mehr nach der Natur, sondern im Zimmer arbeitend, - auf den vom Topographen geschaffenen Grundlagen weiter. Als Beispiel für seine Tätigkeit sei kurz geschildert, wie er aus dem Messtischblatt die Karte 1 : 100 000 schafft.

Auf einem Zeichenbogen Schöllner-Hammer (Spezialpapier der Firma SCHOELLERHAMMER) wird zunächst das Gitternetz nach Gauß-Krüger mit einer Maschenweite von 1 km = 1 cm konstruiert, in welches man die Blattecken nach ihren errechneten Rechts- und hochwerten einstellt. Man verbindet diese Punkte gradlinig miteinander und erhält so die Blattgrenzen. Das Maschennetz innerhalb des Blattrahmens wird blau ausgezogen. Dann fügt man die Eckpunkte der zugehörigen 7½ Messtischblätter 1 : 25 000 ein und verbindet sie ebenfalls gradlinig. Vor der Einführung des Gauß-Krügernetzes konstruierte man den Blattrahmen als geographisches Netz in der auf Seite 30 angegebenen Weise.

Nunmehr wird der äußere Kartenrand fertig gestellt und mit der Minuteneinteilung versehen, dann werden die trigonometrischen Punkte nach ihren Rechts- und I-lochwerten eingetragen. Nun gilt es, zunächst den in den Messtischblättern enthaltenen Grundriss in den Maßstab 1 : 100 000 zu übertragen, wobei man nicht von den gedruckten Messtischblättern, sondern von den 9 zugehörigen Originalmesstischaufnahmen ausgeht. Die Verkleinerung der Messtischaufnahmen geschieht mittels eines Pantographen, und zwar unter Benutzung der trigonometrischen Punkte als Passpunkte. Übertragen werden alle Wege, Eisenbahnen, Gestelle, Wasserläufe, Ortschaften, Grenzen, Konturen der Bodenbewachsungen. Von doppellinig dargestellten Situationsgegenständen, wie Straßen, Wegen und Gräben wird im Pantogramm die Mittellinie gebracht.

Auf dem in Blei entworfenen Pantogramm wird der Grundriss ausgezeichnet. Hierbei muss von dem Grundmaterial soviel ausgeschieden werden, wie notwendig ist, um die Übersichtlichkeit des Kartenbildes 1 : 100 000 zu erzielen. So z. B. werden weniger wichtige Wege fortgelassen, die Häusergruppen zusammengezogen. Die Zeichnung erfolgt in der Reihenfolge Ortschaften, Eisenbahnen, Straßen, Wege, Gewässer, Grenzen, Kulturen. Eine sehr schwierige Aufgabe ist hierbei die charakteristische Wiedergabe der Ortschaften. Da die Zeichnung nur den Zweck hat, dem Stecher anzugeben, welche Arbeiten er ausführen muss, braucht sie den Grundriss nicht überall in den Kartenzeichen des Musterblattes darzustellen. So gibt man die Wege und Eisenbahnen zwar in der Breite der Kartenzeichen an, zeichnet sie aber nicht völlig aus, sondern deutet die Klasse durch verschiedene Farben an. Sämtliche Kulturen mit Ausnahme von Busch, Sumpf, Moor werden nicht durch die Zeichen des Musterblattes, sondern durch Farben angegeben_ So werden z. B. Eisenbahnen in Mittelmagenta angelegt, IA Straßen in Mittelkarmin, Straßen IB in Orange, Wege IIA in Hutungsgrün, Wege IIB in Wegebraun, Laubwaldflächen in Mittellaubwaldfarbe, Wiesenfläche in Hellwiesengrün, Heideflächen und Ödland in Hellorange. Einzelzeichen wie Windmühlen usw. werden in der im Musterblatt vorgeschriebenen Größe wiedergegeben. Die politischen Grenzen, wie Reichs- oder Landesgrenzen, die Regierungsbezirksgrenzen und Kreisgrenzen werden in den Kartenzeichen des Musterblattes eingetragen. Die Gewässer werden in Zinnoberrot eingetragen.

Von der fertigen Grundrisszeichnung werden photographische Kopien auf Rivespapier angefertigt, die zur Herstellung der farbig angelegten Grundrissvorlage, der Schriftvorlage und der Geländevorlage dienen.

Dem Kartographen fällt dann noch die Aufgabe zu, die Fertigstellung des Blattes im Stich zu verfolgen und die Richtigkeit durch wiederholte Korrekturlesungen zu sichern. Wie sich aus der Schilderung des Arbeitsganges ergibt, muss der Kartograph nicht nur die geodätischen Grundlagen, insbesondere die Topographie, beherrschen, sondern auch die Reproduktionsverfahren genau kennen, um bei der Herstellung der Vorlagen auf die Bedürfnisse der Reproduktion Rücksicht zu nehmen, welche z. B. bei der Gravur auf Stein wesentlich andere als beim Kupferstich sind.

Handelt es sich um die Herstellung eines neuen Kartenwerkes, wie es z. B. die Deutsche Karte 1 : 50 000 ist, so muss zuerst Projektion und Blattbegrenzung festgelegt und ein Musterblatt aufgestellt werden. Eingehende Untersuchungen sind nötig, um sich darüber klar zu werden, was von dem Kartenwerk des vorhergehenden Maßstabes in dem neuen Maßstab noch gebracht werden und was weggelassen werden soll, wie viel Farben angewendet werden können und zu welcher Höhendarstellung man greifen will. Die Festsetzung der Signaturen ist in der Hauptsache durch die Rücksicht auf die des vorangehenden und des folgenden Maßstabes bestimmt. Meist ist es erforderlich, einige Probeblätter vor der endgültigen Festlegung des Musterblattes herzustellen.

In den weiteren Folgemaßstäben 1 : 200 000, 1 : 300 000, 1 : 800 000 und 1 : 1 000 000 muss die Zusammenfassung der Maßstabsverkleinerung entsprechend weiterschreiten. Es ist zu bedenken, daß ein km² der Natur

Dieses Zusammenfassen, das Generalisieren, ist die Hauptaufgabe des Kartographen, welche gutes Verständnis der Kartengrundlagen und wissenschaftliche Durchbildung erfordert. Nur die Eisenbahnen und Straßen IA, [B, die unterhaltenen Fahrwege IIA und IIB sind in allen Maßstäben bis 1 : 300 000 vollständig enthalten. Die Kartenwerke 1 : 800 000 und 1 : 1 000 000 bringen nur noch eine Unterscheidung in Haupt- und Nebenstraßen. Die Ortschaften werden immer mehr zusammengefasst, im Maßstab 1 : 300 000 können nur noch die größeren Orte im Hauptgrundriss wiedergegeben werden, die übrigen erhalten nur noch Ortsringel, die Gemeindeteile fallen zum Teil ganz fort. Auch die Beschriftung wird in ihren Abstufungen verringert, so haben die Gemeindeteile, bei denen die Karte 1 : 25 000 vier Abstufungen unterscheidet, in der Karte 1 : 300 000 nur noch eine einzige Schriftstufe. Von den politischen Grenzen lässt die Karte 1 : 100 000 die Gemeindegrenzen fort, der Maßstab 1 : 800 000 und 1 : 1 000 000 auch die Kreisgrenzen. Bei den Kulturen hört die Unterscheidung von Laub- und Nadelwald bei 1 : 200 000, die Darstellung der Hopfenanpflanzungen im Maßstab 1 : 300 000 auf. Auch das Gelände muss immer stärker zusammengefasst werden, wozu morphologisches Verständnis gehört.

Aus:
Das Reichsamt für Landesaufnahme und seine Kartenwerke, 1931

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