Preußen stand im 18. Jahrhundert vor der Aufgabe, kartographische Kenntnisse von seinem großflächigen und zersplitterten Staatsgebiet zu erhalten. Unter Friedrich dem Großen lag das Schwergewicht der kartographischen Tätigkeit auf den Militärkartierungen und später auch unter landesplanerischen Gesichtspunkten. Nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) machten sich die Forderungen nach Kartengrundlagen für die Landeskultur und Gesetzgebung zunehmend bemerkbar. Sie fanden ihren Ausdruck in der Schaffung des Schmettauschen Kartenwerkes (1 : 50 000) (Friedrich Wilhelm Karl Graf von Schmettau - geb. 1742 gefallen in der Schlacht von Auerstedt 1806 in der die preußischen Truppen von den napolionischen Heer unter Marschall Davout geschlagen wurden). Hiermit wurde erstmals der Versuch unternommen, ein Kartenwerk von großen Teilen des preußischen Staates nach einheitlichen Grundsätzen herzustellen.
Die wissenschaftlichen Fortschritte und praktischen Bedürfnisse führten auch in Preußen zu geodätischen Arbeiten: Astronomische Ortsbestimmungen wurden vorgenommen und seit 1796 in verschiedenen Teilen des Staates Triangulationen (Dreiecksmessung - Ein Verfahren zur Bestimmung der Lage von Punkten auf der Erdoberfläche) durchgeführt.
1767 bis 1787 entstand ein Kartenwerk aus mehreren Kartengruppen im Maßstab 1 : 50 000 von gleicher Gestaltung aber unterschiedlicher Aussage. Es umfaßt den größten Teil der preußischen Länder östlich der Weser. Schmettau schloß randliche Areale nichtpreußischer Staatszugehörigkeit an. Die Karten der preußischen Gebiete dienten allein dem internen Dienstgebrauch und unterlagen der Geheimhaltung.
In Südpreußen wurde 1795 von ziviler Seite durch Baukondukteure unter Leitung des Geheimen Oberbaurates David Gilly mit einer Kartenaufnahme begonnen. (Gilly 1748-1808, der Lehrer Schinkels). Das Kartenwerk wurde in dem von der Regierung genehmigten kleineren Maßstab 1 : 150 000 im Kupfer gestochen und 1802-03 in 13 Blättern veröffentlicht.
In Ostpreußen wurde eine Neuaufnahme unter Leitung des Staatsministers v. Schroetter hergestellt. Es entstanden 140 Sektionen von je 45 x 60 cm im Maßstab 1:50 000. Zur Veröffentlichung wurde das Kartenwerk in der Reduktion auf 1 : 150 000 freigegeben. Es behielt im Rahmen der späteren Generalstabskarte bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts seine Gültigkeit
In den westlichen Provinzen wurde 1796 bis 1805 eine Gruppe von 24 Offizieren der stationierten preußischen Observationsarmee für die Landesaufnahme Westfalens eingesetzt. Sie stand unter Leitung des Generalmajor v. Lecoq (1754-1829). Zwischen 1805 und 1813 wurden diese Karten in Kupfer gestochen.
Aufnahme in den linksrheinischen Gebieten wurde nach 1815 von preußischen Generalstabsoffizieren die Landesaufnahme der Rheinlande durchgeführt. Initiator und Leiter des topographischen Bureaus beim Generalkommando in Koblenz war der spätere Chef des Generalstabs Freiherr v. Müffling. Französische Aufnahmen , begonnen 1801, mußten nach dem deutsch-französischen Friedensvertrag an Preußen ausgeliefert werden. Sie wurden von 1816 bis 1828 nach den französischen Grundsätzen fertig gestellt und auf rechtsrheinischem Gebiet fortgesetzt.
Die Zeit zwischen 1806 und 1815 bedeutete auch für das staatliche Kartenwesen in Preußen eine Phase der Reformen. An ihrem Ende stand die verwaltungsmäßige Zusammenführung und übergreifende Neukonzeption. Die staatliche Kartographie baute auf den militärischen Traditionen des 18. Jahrhunderts auf. Der Generalstab übernahm die Aufgaben des amtlichen Karten- und Vermessungswesens; die Kartenschaffenden gehörten dem Offizierskorps an. Müfflings war Leiter der Landesaufnahme und Chef des Generalstabs.
Das Deckersche Kartenwerk bildet den Anfang der Landesaufnahmen im Generalstab. 1816 bis 1821 wurden große Bereiche der Provinzen Brandenburg, Sachsen und Anhalt im Maßstab 1 : 25 000 aufgenommen. Jede Aufnahmesektion umfaßte 1 Quadratmeile ("Quadratmeilenblätter" von je 30,1 x 30,1 cm). Ein Teil der 670 Sektionen wurde in der Reduktion auf 1 : 50 000 im Lithographischen Institut des Großen Generalstabs vervielfältigt. Die Aufnahmen standen unter Leitung der Majore F.v.Rau und Carl v. Decker.
Nachdem v. Müffling die Leitung der Landesaufnahme übernommen hatte, begann man nach seinen Richtlinien mit einer Landesaufnahme im Maßstab 1 : 25 000. Dabei konnte man auf der Müfflingschen Rheinaufnahme und dem Deckerschen Kartenwerk aufbauen. Als Aufnahmemethode wurde von Müffling die Aufnahme mit dem Meßtisch eingeführt. Die preußischen Urmeßtischblätter waren nicht zur Veröffentlichung bestimmt, sondern sollten die Grundlage für das neue Übersichtskartenwerk bilden. Von Seiten der Wirtschaft wurde die Veröffentlichung der Meßtischblätter gefordert. Als erste Meßtischblätter wurden 1875-77 die 36 Blätter des Berliner Raumes veröffentlicht. Im Jahre 1841 wurden dann auch die Generalstabskarten (1 : 100 000) zur Veröffentlichung freigegeben.
Auf Anregung von Friedrich Wilhelm III. und mit Förderung durch den Großen Generalstab begann Daniel Gottlieb Reymann (1759-1837), Leiter der Plankammer, 1806 die Arbeit an einer "Geographischen Special-Charte von Deutschland und den angrenzenden Ländern" im Maßstab 1:200 000 (35 x 24 cm), geplant waren 342 Blätter, nach 1843 auf 409 Blätter erweitert bis 1908 weitergeführt, mit zum Schluß 529 Blättern.
Mit der Gründung der "Königlich Preußischen Landesaufnahme" am l. Januar 1875 wird ein neuer Abschnitt des amtlichen preußischen Kartenwesens eingeleitet. Helmuth v. Moltke, seit 1857 Chef des Großen Generalstabs, hat die Neuordnung entscheidend angeregt und gestaltet. Maßgeblichen Einfluß auf die Gestaltung der Kartenwerke nahm seit 1870 J. A. Kaupert (1822-1899) als Leiter der Kartographischen Abteilung. Er legte eine Neuberechnung der Polyederprojektion vor und vollzog beschleunigt die Umstellung auf Höhenlinien; im weiteren förderte er die Herausgabe von Kartenwerken im kleinen Maßstab und setzte sich für die Ausbildung von Topographen ein.
Im Zuge der nationalen Einheitsbestrebungen für Deutschland wurde auf Initiative des Preußischen Generalstabs am 4. März 1878 von den Länderbehörden Preußens, Sachsens, Bayerns und Württembergs die Herstellung eines einheitlichen Kartenwerks für das Reichsgebiet beschlossen. Die Bearbeitung richtete sich nach den bereits vorliegenden preußischen und sächsischen Gradabteilungsblättern im Maßstab 1 : 100 000 aus den sechziger Jahren. Von den insgesamt 674 Blättern entfielen 544 in die Zuständigkeit Preußens. 1910 war die "Karte des Deutschen Reiches 1 : 100 000" vollendet.
Nach der drohenden Auflösung in den Jahren nach 1914 wurde die Landesaufnahme am 11.7.1921 in eine zivile Dienststelle, das "Reichsamt für Landesaufnahme" umgewandelt. Die Programme und Kartenwerke der Königlich Preußischen Landesaufnahme wurden kontinuierlich weitergeführt
(In Auszügen:nach Lothar ZögenerBerlin 1981, bearbeitet: H. Kielblock)